Pressespiegel: AN-Interview mit dem Aachener SPD-Vorsitzenden Karl Schultheis MdL

Im Gespräch mit dem Aachener Jorunalisten Gerald Eimer äußert sich Parteichef Karl Schultheis zur gegenwärtigen Lage der SPD im Bund sowie zur Bundestags- und Landtagswahl 2017.

Wir stellen Ihnen hier das Interview im Volltext zur Verfügung.

„Umfragewerte sind keine Wahlergebnisse“

Aachens SPD-Chef Karl Schultheis sieht seine Partei vor großen Herausforderungen und hält einen Kurswechsel für nötig

Aachen. Die SPD steckt in einem nie dagewesenen Umfrage-Tief fest, das Meinungsforschungsinstitut Insa sieht sie inzwischen sogar bundesweit bei unter 20 Prozent. Wie ist die Stimmung bei den Aachener Genossen und wie bereiten sie sich auf die wichtigen Landtags- und Bundestagswahlen im nächsten Jahr vor? „Nachrichten“-Redakteur Gerald Eimer sprach mit dem Aachener SPD-Vorsitzenden und Landtagsabgeordneten Karl Schultheis.

Die SPD unter 20 Prozent – haben Sie sich eine solche Zahl jemals vorstellen können?

Schultheis: Manche Dinge will man sich nicht vorstellen, aber man muss den Tatsachen natürlich ins Auge sehen. Umfrageergebnisse sind aber noch keine Wahlergebnisse, und wir wissen ja inzwischen, dass Umfragen auch politische Funktionen haben. Klar ist aber, dass die SPD vor großen Herausforderungen steht. Vieles davon ist nicht hausgemacht, etwa die Finanzkrise oder auch die Fluchtproblematik. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Umfrageergebnisse nicht widerspiegeln, was die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung leisten. Außenminister Frank-Walter Steinmeier genießt beispielsweise sehr hohes Ansehen und macht sehr gute Arbeit in schwierigen Zeiten. Gleiches gilt für Arbeitsministerin Andrea Nahles oder Familienministerin Manuela Schwesig, die etwa mit dem Mindestlohn, der Rentenanpassung oder mit der verlängerten Elternzeit viel erreicht haben.

Aber wie lässt sich denn dann der Niedergang der SPD erklären?

 

Schultheis: Diesen Begriff würde ich nicht verwenden. Und klar ist auch, dass nicht nur die SPD, sondern auch die CDU an Zustimmung verliert. Ich sage noch mal: Umfragewerte sind keine Wahlergebnisse. Ein Problem ist aber, dass die Diskussion um die Zuwanderung im Moment viele andere politische Themen überdeckt. Auch deswegen ist vieles, was unsere Regierungsmitglieder leisten, nicht in den Köpfen der Bürgerinnen und Bürger angekommen.

 

Mit der Person Sigmar Gabriel haben die schlechten Werte nichts zu tun?

 

Schultheis: Ich glaube, es ist der falsche Ansatz, das Problem zu personalisieren. Wir müssen über eine gute Politik reden, und da ist es notwendig, in bestimmten Bereichen einen Kurswechsel zu vollziehen. Nicht, weil frühere Entscheidungen falsch gewesen sind, sondern weil sich die Gegebenheiten geändert haben. Die soziale Sicherung im Alter ist angesichts der Lage auf den Finanzmärkten und einer Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank ein ganz zentraler Bereich, mit dem wir uns grundlegend befassen müssen. Altersarmut darf nicht sein.

 

Trotzdem noch mal zu Gabriel: Als Kanzlerkandidat gilt der Chef der Bundespartei inzwischen als chancenlos. Wäre Martin Schulz eine gute Alternative?

 

Schultheis: Es gibt einige Personen, die geeignet sind, aber die Entscheidung steht noch nicht an. Wir müssen zuerst die inhaltlichen Grundlagen schaffen, mit denen wir antreten. Und Martin Schulz ist ein ausgezeichneter EU-Parlamentspräsident in sehr schwierigen Zeiten, der deswegen auch zu Recht mit dem Karlspreis ausgezeichnet wurde.

 

Bis zum Herbst diesen Jahres muss sich auch Ulla Schmidt entscheiden, ob sie nochmals für den Bundestag kandidieren wird. Wie schätzen Sie ihre Stimmungslage ein?

 

Schultheis: Die Entscheidung hat sie noch nicht getroffen. Ich denke, dass sie sich nach dem Sommer festlegen wird. Sie macht nach wie vor eine sehr gute parlamentarische Arbeit und ist eine hervorragende Abgeordnete ihres Wahlkreises.

 

Und Sie selbst: Werden Sie noch mal zur nächsten Landtagswahl im Mai nächsten Jahres antreten?

 

Schultheis: Da sieht es genauso aus. Ich habe auch noch keine Entscheidung getroffen. Die Personalentscheidungen werden bei den Kreiswahlkonferenzen im Herbst fallen.

 

Wird sich die SPD wieder erholen, und kann Hannelore Kraft Ministerpräsidentin bleiben?

 

Schultheis: Sie ist ohne Zweifel eine hervorragende Ministerpräsidentin, und das wird sie auch im Wahlkampf zeigen. Gleiches kann ich vom Oppositionsführer, der aus Aachen kommt, nicht sagen. Ich glaube, dass die SPD die Wahlen gut bewältigen wird.

 

Quelle: Aachener Nachrichten, Ausgabe vom 14. April 2016, Seite 15